Motion 01. Dezember 22

Dezember 1, 2022

Evaluation des Geldspielgesetzes. Ist die Sperrung von nicht bewilligten Online-Angeboten genügend wirksam?

Um den Schutz der Spielerinnen und Spieler vor den Gefahren des Glücksspiels zu gewährleisten und um sicherzustellen, dass die Erträge aus dem Glücksspiel der Schweizer Bevölkerung zugutekommen, schreibt das Geldspielgesetz (BGS) seit dem 1. Januar 2019 eine Sperrung von nicht bewilligten Online-Glücksspielen vor.

Diese Sperrung wurde beschlossen, um zu verhindern, dass Schweizer Spielerinnen und Spieler ohne jeden Schutz vor Spielsucht einem gänzlich unkontrollierbaren Angebot ausgesetzt sind und dass private Anbieterinnen im Ausland den Ertrag aus dem Glücksspiel einnehmen.

Die Botschaft des Bundesrates von 2015 erklärt, dass die Einführung eines Sperrsystems darauf abzielt, «die Spielerinnen und Spieler in der Schweiz zu den legalen Angeboten [Swisslos und Loterie Romande]» hinzuführen, «die Garantien in Bezug auf den Schutz der Spielerinnen und Spieler vor exzessivem Spiel und vor anderen spielbezogenen Gefahren […] bieten». Die Interkantonale Geldspielaufsicht (Gespa) und die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) führen je eine Liste von Spielen, deren Zugang gesperrt ist. Die Fernmeldedienstanbieterinnen sind dann dafür zuständig, den Zugang zu den Angeboten, die auf diesen Listen stehen, zu sperren.

Jedoch scheint das Sperrsystem drei Jahre nach Inkrafttreten des BGS und mit dem Fortschreiten der Technologie immer durchlässiger zu werden. Wie das Bundesgericht in seinen Urteilen vom 18. Mai 2022 feststellt, gibt es zahlreiche Umgehungsmöglichkeiten: über VPN-Verbindungen, über manuelle Änderungen an Nameservern (alternative DNS-Server), über Änderungen des Domainnamens usw.).

Das Bundesgericht ist zwar der Ansicht, dass die aktuellen Sperrmassnahmen ausreichen, um durchschnittliche Spielerinnen und Spieler in Richtung legaler Angebote zu lenken, präzisiert aber gleichzeitig, dass in Zukunft eventuell andere technische Hilfsmittel angewendet werden sollten, um die Wirksamkeit des Sperrsystems zu gewährleisten.

Da momentan in Katar die Fussball-Weltmeisterschaft stattfindet und dies viele Spielerinnen und Spieler zu Online-Wetten einlädt, scheint das Thema der Sperrung von illegalen Online-Angeboten gerade hochaktuell.

Vor diesem Hintergrund bitte ich den Bundesrat, folgende Fragen zu beantworten:

1. Wurde das Ziel des Gesetzgebers erreicht, den Anteil des illegalen Online-Marktes zugunsten des legalen Marktes zu senken?

2. Die 2013 auf dem illegalen Markt erzielten Bruttospielerträge wurden vom Bundesrat auf 300 Millionen Franken geschätzt. Können die Anbieterinnen mit einer Bewilligung diese Erträge nun für sich in Anspruch nehmen?

3. Kann abgeschätzt werden, wie hoch 2022 der auf dem illegalen Markt erzielte Bruttospielertrag war?

4. Schafft die aktuelle rechtliche Situation genügend Anreiz, um die Spielerinnen und Spieler dazu zu bewegen, die Sportwett-Angebote von Swisslos und der Loterie Romande zu nutzen? Welche Massnahmen würden ergriffen, um die Spielerinnen und Spieler dazu zu bewegen, das legale Angebot zu nutzen, falls der Anreiz nicht genügt?

5. Ist es im Rahmen der Evaluation des BGS vorgesehen, die Wirksamkeit des aktuellen Systems zur Sperrung von nicht autorisierten Online-Angeboten zu prüfen? Welche weiteren Sperrmassnahmen sollten getroffen werden, falls sich das Sperrsystem als unwirksam erweist?

Die Bekämpfung des illegalen Spielangebots ist für den Bundesrat ein wichtiges Ziel. Nach Artikel 2 Buchstabe b des Bundesgesetzes vom 29. September 2017 über Geldspiele (BGS, SR 935.51) zielt das Gesetz darauf ab, dass «Geldspiele sicher und auf transparente Weise durchgeführt werden». Dies beinhaltet insbesondere die Bekämpfung des nicht bewilligten Spielangebots und den Schutz der Spielerinnen und Spieler vor Angeboten, die sich der Aufsicht der Schweizer Behörden entziehen und für die es keine Massnahmen zum sozialen Schutz und zur Bekämpfung der Geldwäscherei gibt.

Zu 1, 4 und 5: Das EJPD wird eine Evaluation des Geldspielgesetzes vornehmen. Das Evaluationskonzept wird zurzeit erarbeitet. Es muss insbesondere bestimmt werden, welche Themen bei der Evaluation untersucht werden sollen. Zwar soll weder dem Evaluierungsverfahren selbst, noch den Massnahmen, die im Anschluss daran ergriffen werden könnten, vorgegriffen werden. Trotzdem kann bereits jetzt festgestellt werden, dass die wichtigsten Akteure im Bereich des illegalen Angebots von Online-Spielen seit dem Inkrafttreten des BGS im Jahr 2019 gesperrt wurden oder sich vom schweizerischen Markt zurückgezogen haben. Im Bereich der Sportwetten haben sich einige wichtige Akteure vom Schweizer Markt zurückgezogen. Der Rückzug wichtiger ausländischer Veranstalter beweist die Wirksamkeit dieser neuen Regelung. Auch die Aufsichtsbehörden halten fest, dass das derzeitige System der Zugangssperren im Grossen und Ganzen funktioniert, und sie bemühen sich, durch ihre Aufsichtstätigkeit weitere Verbesserungen zu erreichen. Das Ziel ist nicht, eine hundertprozentige Wirksamkeit zu gewährleisten, sondern die durchschnittliche Spielerin oder den durchschnittlichen Spieler in der Schweiz auf das legale Spielangebot zu lenken. Auch das Bundesgericht hat in seinen von der Interpellantin erwähnten Urteilen vom 18. Mai 2022 sowie im Urteil 2C_91/2022 vom 18. November 2022 die geltende Regulierung nicht kritisiert.

Zu 2. und 3: In ihren jeweiligen Tätigkeitsberichten für das Jahr 2021 stellen die ESBK und die Gespa im Vergleich zum Vorjahr einen erheblichen Anstieg der Bruttospielerträge aus Online-Spielen fest. Der Bruttospielertrag beläuft sich im Jahr 2021 entsprechend auf 214,9 Millionen Franken für die online durchgeführten Grossspiele, was im Vergleich zum Vorjahr einer Zunahme von 27,5 Prozent entspricht. Bei den online durchgeführten Spielbankenspielen betrug der entsprechende Ertrag 234 Millionen Franken, was einer Zunahme von 48 Millionen Franken bzw. 25,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht (ESBK, Tätigkeitsbericht 2021, S. 25). Auch für den Bereich der legalen Sportwetten stellen die Veranstalter Swisslos und Loterie Romande einen Anstieg des Bruttospielertrags fest (Swisslos, Geschäftsbericht 2021, S. 6 und Loterie Romande, Geschäftsbericht 2021, S. 17). Dieser Anstieg ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Schweizer Veranstalter legaler Spiele Marktanteile zurückgewinnen konnten. Eine genaue Methode zur Schätzung des Bruttospielertrags aus illegalen Spielen besteht derzeit aber nicht. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass die Spielerinnen und Spieler eher bereit sind, sich vom illegalen Markt ab- und dem legalen Online-Spielangebot zuzuwenden, wenn ein hinreichend attraktives legales Angebot existiert.